[Base] [Index]

Thoennissen A., Meyer-Andersen K.

Kinderschaender: Das geheime Geschaeft mit der Kinderpornographie

Goldmann Verlag (1992)

Auszüge

Kapitel 6, Ein Taeterportraet

So mies hatte er sich schon lange nicht mehr gefuehlt. Das Herz rast. Die Magensaeure macht ihm zu schaffen. Und nachts noch diese Alptraeume. Wenn das Telefon klingelt, zuckt er zusammen, und selbst den schmaechtigen Postboten hat er so argwoehnisch durch den Tuerspion im Visier, als waere es der Teufel. Dreissig Jahre lang ist alles gutgegangen. Keine Probleme mit seinem Arbeitgeber, der ihn als zuverlaessigen und fleissigen Zahntechniker schaetzt. Kein Thema auch sein ehrenamtliches Engagement als Praesident des lokalen Schwimmvereins, dessen Jugendtruppe er nun schon zum zwoelftenmal in den Wettkampf fuehrt. Selbst seine Mutter stoerte an ihrem fuenfzigjaehrigen, sonst stets nachgebenden Einzelkind nur, dass er sich ihren Kupplungsversuchen bisher stur widersetzt hat.

Im Ort gilt er als Respektsperson. Seine Reputation als Aufspue- rer kindlicher Schwimmtalente hat ihn ueber die regionalen Grenzen bekannt gemacht. Ein kinderlieber Mensch. Und so geduldig mit den Kleinen.

Wie gelaehmt sitzt er nun im penibel aufgeraeumten Appartement, krankgeschrieben vom Hausarzt, mit Grippe entschuldigt beim Ver- ein. Er hat Angst, fuehlt sich umzingelt. Vor zwei Wochen ist sein Schweizer Brieffreund in diesem Zustand durchgedreht. Als der Brief eintraf, mit dem er den Selbstmord ankuendigte, war er be- reits seit Stunden tot.

Die Tage danach hat Franz K. nur mit schweren Beruhigungsmitteln ueberstanden. Es war weniger die Trauer um den Freund, die ihn so aus der Fassung brachte, der einzige, dem er sich je anvertraut hat, zumal der doch genau die gleiche Unruhe beim Anblick zehn- jaehriger Knaben spuerte.

Ihm machte mehr die Angst zu schaffen, dass seine Briefe mit den Vollzugsmeldungen in der Wohnung des Erhaengten gefunden werden koennten. Vor allem die beigelegten Schnappschuesse von nackten Kinderkoerpern neben seinem Bauch mit der einpraegsamen Blind- darmnarbe haetten keinen Zweifel daran gelassen, dass es hier um sexuellen Missbrauch ging.

UEber Jahre hatte man stolz die Belege getaucht. Deinen Klaus ge- gen meinen Rainer. Deinen Oliver gegen meinen Peter. An Nachschub hatte es nie gefehlt. Vom Bahnbeamten hatte sich der Schweizer laengst zum Erzieher verhaltensgestoerter Knaben um- schulen lassen und in einem isolierten Heim sein Paradies gefun- den. Und Franz K. bediente sich im unerschoepflichen Reservoir seines Schwimmvereins.

Dem Freund war nun passiert, was beide schon immer befuerchten mussten. Der Elfjaehrige, den er zuletzt im Freizeitkeller des Heims persoenlich mit Mund und Hand aufklaerte, hatte bei einem Kollegen ausgepackt. Der meldete den Fall umgehend der Polizei. Doch der Freund verlor keine Zeit. Im Waschbecken neben der Leiche fanden die Beamten Berge von sorgfaeltig verbranntem Papier, nichts Belastendes hatte er zurueckgelassen, vor allem keine Hinweise auf Franz, den er ueber seinen letzten Freundschaftsdienst noch schriftlich informierte.

"Mach Dir keine Sorgen, alter Knabe, hier wird niemand etwas finden, auch nicht Dein Lieblingsfoto von Peters strammen Apfel- backen. Bald habe ich es hinter mir, ich hab's satt, dieses staen- dige Verstecken, dieses elende Ghettoleben, immer in Panik, ge- griffen und in den Knast gesteckt zu werden, wie ein Triebtaeter zugeknallt mit Psychopharmaka. Dabei haben mich die Jungs geliebt. Und unser schoenen Spiele wollten sie doch auch."

Dass letzte Woche zwei Mann der lokalen Kriminalpolizei, Abteilung Sitte, dann doch noch bei ihm aufkreuzten, hatte mit dem Brieffreund aus der Schweiz wirklich nichts zu tun. Die Herren waren verlegen, Routineermittlung, man wollte ihm durchaus nichts unter- stellen. Allerdings sei seine Adresse in der Kundenkartei eines Videohaendlers aufgefallen, der vorzugsweise Kinderpornos aus Eng- land vertrieb. Ob man denn die Filme einsehen, ob er etwas dazu sagen koennte, schliesslich wolle man ja nur den Haendler nageln, nur der haette sich strafbar gemacht.

Zunaechst schwieg er aus Loyalitaet - man muss unter seinesgleichen zusammenhalten. Doch dann machten die Beamten Druck. Man koenne sich ja auch im Haus seiner Mutter nach diesem Schweinkram umsehen. Der Schock sitzt ihm noch heute in den Knochen. Ohne es zu ahnen hatten sie voll ins Schwarze getroffen. Als passionierter Sammler hatte Franz ueber die Jahre mehr als hundert einschlaegige Videos in Schrankkoffern gehortet und im ehemaligen Kinderzimmer seines Elternhauses untergestellt. Dort standen sie sicher. Und so sollte es auch bleiben.

Da half nur Vorwaertsstrategie. Gleich am naechsten Tag rueckte er freiwillig auf dem Polizeirevier an, mit drei Videos als Be- weismaterial, alle aus der englischen Quelle.

Dass er sie fast auswendig kannte, hatte weniger mit den kleinen Maedchen zu tun, die immer der gleiche, graumelierte Nackte vor der Kamera in pornographische Stellungen rueckte. Franz K. hatte sie fuer eine Knaben gekauft. Die Filme sollten sie stimulieren, neugierig und empfaenglich fuer erste Annaeherungsversuche machen. Es hatte meistens funktioniert. An Material von dieser Qualitaet kommt man selten heran. Zudem ist aus dem englischen Portsmouth in der naechsten Zeit nichts zu erwarten. Zwangsweise, denn der Produzent ist in Haft. Rund vier Jahre lang hatte der Mann 200 Maedchen zwischen 10 und 15 Jahren missbraucht, ohne dass es in dem Provinznest aufgefallen waere. Als Zubringer richtete er die eigenen Toechter ab, die seine Opfer aus den umliegenden Schulen rekrutierten.

Franz K. hatte von dem Fall in der Londoner "Sun" gelesen. Vor allem in England haeuften sich in letzter Zeit die Meldungen, die sein inneres Warnsystem alarmierten: In London flog ein paedophiler Ring mit einem Dutzend gutsituierter Mitglieder auf, der 140 entlaufenen Heimzoeglingen und Strassenkinder mehr als fuersorglich entgegenkam; in Nottingham zog Scotland Yard einen Pfarrer aus dem Verkehr, der gemeinsam mit seinem Maennerchor "Erziehungsformen" an Knaben durchspielte, in Brighton waren dem Zoll Fotoserien eines Aushilfslehrers in die Haende gefallen, die eindeutig belegten, was er im Sommerlager seinen Schuetzlingen antat. Wie immer hatte Franz K. die Artikel ausgeschnitten, aufgeklebt und zu den Fotos und Daten der Taeter und ihrer Opfer gelegt, die er seit Jahren mit Akribie sammelte. Die Meldung empfand er stets als Angriff auf sich selbst, als Hetzjagd auf alle Paedophilen. Fuer ihn ist seine Neigung nur ein gesellschaftliches Problem. Seine Schuldbewusstsein haelt sich in Grenzen, zumal er es aus passenden Quellen abdeckt, zurueck bis zu den alten Griechen. Ihre hochentwickelte Kulturform hatte "Lustknaben" ohne Schutzalter toleriert. Damals, da haette man leben muessen. Fuer ihn gibt es keine Opfer und darum zwangslaeufig auch keine Taeter, es sei denn, die Kleinen wuerden mit Gewalt genoetigt. Sie kaemen stets freiwillig, seine Jungs, mit emotionalen Beduerfnissen und sexuellen Wuenschen. Und das Geld, das er ihnen anbot, das haette bisher noch keiner zurueckgewiesen.

Als er selbst zum erstenmal in Kontakt mit einem Paederasten kam, war Franz K. acht Jahre alt. Sein Vater, ein strammer Offizier der Waffen-SS, war fuer den Fuehrer an der Front gefallen. Die Mutter steckte den Halbweisen in ein Knabeninternat. Zucht und Ordnung, Koerperertuechtigung und Askese sollten ihn zum Abziehbild des Toten machen. Mutter wollte es so.

Der Stiefvater allerdings, den sie ihm in den Sommerferien prae- sentierte, war in seiner schwachen, unentschlossenen Art genau der entgegengesetzte Typ. Franz K. lehnte ihn ab. Sein Ideal da schon eher der Sportlehrer der Schule entgegen, ein Fan von Pfandfinderomantik und Freikoerperkultur, der sich des schuechternen Knaben bald als "vaeterlicher Freund" annahm. Franz K. bluehte auf. Endlich war da einer, den er fragen, dem er was sagen konnte, der immer Zeit fuer ihn hatte und fuer alles Verstaendnis. Einer, dem man vertraute. Der neue Freund liess sich Zeit. Sorgfaeltig baute er die Beziehung auf, plante jeden Schritt, draengte nicht. Er half bei den Schularbeiten, nahm ihn auf seinem Motorrad mit, lud ihn zum Basteln in seinen Hobbyraum ein. Ganz zwanglos ging man miteinander um, ohne Gebote und Verbote, ohne Vorschriften und Regeln. Und dass ihn der grosse Kumpel manchmal auch eng an sich drueckte, registrierte der Knabe dankbar.

Irgendwann lag dann dieses Pornoheft da. Ein Mann auf dieser blon- den Frau, sein Schwanz riesig. Sei mal ruhig richtig hin, ermunterte ihn der bereits halbnackte Freund. Es wird sowieso jetzt Zeit, dass du lernst, was so ein richtiger Orgasmus ist. Franz stand da, irritiert und verstoert, die ganze Situation war ihm schrecklich peinlich. Doch obwohl er's gern wollte, ging er trotzdem nicht. Es war ja nicht nur sein bester Freund, der da vor ihm auf dem Sofa onaniert, es war ja auch sein Lehrer, eine Respektsperson. Die verlangte, dass er ihn mit der Hand befriedigte und seinen Samen schluckte. Alle Jungen, sagte er, muessten diese Art der sexuellen Handlung irgendwann lernen, das sei normal. Und normal sei auch, dass er ihm nun unter Maennern zeige, wie man in seinem Alter einen Orgasmus haben kann.

Als Franz K. dann endlich ging, hatte man "ein gemeinsames Ge- heimnis". Er fuehlte sich angezogen und abgestossen und gleich- zeitig auch ausserstande, sich in seiner Ratlosigkeit der Mutter anzuvertrauen. Sie haette ihm ohnehin nicht geglaubt. Dafuer machte das sogenannte Geheimnis bald unter den Internatsschuelern die Runde. Fuer sie war er nur der Schwule, die stumme Zielscheibe ihrer Witze und fuer jeden Lacher gut genug. Niemand wollte neben ihm sitzen. Franz K. war endlich in der Falle, der paedophile Lehrer am Ziel seiner Wuensche. Es gab nur noch ihn als einzigen Freund.

Als die ahnungslose Mutter den inzwischen Zwoelfjaehrigen wieder nach Hause holte, hatte er sich zu einem verkrampften Sonderling entwickelt, voller Schuldgefuehle, Angst und geringem Selbstwert- gefuehl. Sein Abrichten auf sexuelle Praktiken des Lehrers hatte er als etwas Gegebenes hingenommen. Nur noch bei ihm fuehlte er sich wohl. Doch der hatte laengst wieder einen Juengeren im Visier. Der bereits leicht pubertierende Franz entsprach jetzt nicht mehr seinem Gusto. Die Umschulung auf das Gymnasium kam fuer den Sportsmann wie bestellt.

Franz litt. Er fuehlt sich einsam. Mit Gleichaltrigen konnte er nichts mehr anfangen. Noch immer suchte er nach einer Vaterfigur, nach Zuneigung und Waerme. Dieses Mal war es ein Freund der Familie, der Kriegskamerad seines Stiefvaters, der den Jungen nicht nur zum Angeln mitnahm.

Der Mann verlor keine Zeit. Spaetestens in dem dichten Waeldchen war von Bachforellen und Blinkern keine Rede mehr. Brutal zwang er Franz zum Analverkehr. Der Junge heulte. Es tat tierisch weh. Und dann musst er noch vor seiner Kamera fuer diese peinlichen Fotos strammstehen.

Die Drohung, dass er die pornographischen Werke der Mutter zei- gen wuerde, wenn er redete, haette sich der Mann sparen koennen. Schon aus Scham schwieg der verstoerte Knabe wie ein Grab. Als er Jahre spaeter ein anderes Opfer des sadistischen Paederasten traf, wusste er, dass er noch verhaeltnismaessig gut aus der Situation herausgekommen war. Ihn hatte der Familienfreund als Vierjaehrigen zu oralem Sex gezwungen. Mit den psychischen Folgen dieses Horrot- rips plagte er sich noch als Erwachsener ab, hatte er doch damals die ganze Welt durch sein Schweigen schuetzen muessen. Nun hast du, hatte ihm der Man nach dem Orgasmus ins Ohr gefluestert, mein Sperma mit den Eiern der toedlichen Riesenspinne geschluckt. Wenn du der Mama was erzaehlst, werden sie deinen Bauch sprengen und nicht nur dich, sonder auch deine Eltern, die Oma und dann die ganze Welt vernichten.

Nach der letzten, brutalen Erfahrung ging Franz K. misstrauisch jedem Mann aus dem Weg. Sein Vertrauen in die Erwachsenen war restlos gestoert. Er hing hilflos durch, fand sich in der Normalitaet nicht mehr zurecht, vor allem mit seinen diffusen, erotischen Gefuehlen. Dass er im Gymnasium nun selbst den Mitschuelern an die Hosen ging und sie zu den gleichen sexuellen Spielen verfuehrte wie ihn damals sein Lehrer, fiel keinem Erzieher weiter auf. Der Kreislauf des klassischen Paedophilen begann sich zu schlie- ssen. Ohne dass er es bemerkte, stieg er vom Missbrauchten in die Rolle des Missbrauchten um. Die Knaben, denen er zeige, wo es langging, wurden immer juenger. Mich achtzehn machte er einen Zehnjaehrigen zum "festen Freund". Franz K. war bei seiner be- vorzugten Altersklasse angekommen.

Dass das, war es tat, doch nicht so normal war, wie er fuehlte, hatte ihm unbewusste die eigene Mutter klargemacht. An einem Sonntag war die Meldung ueber einen Mann, der ein kleines Maedchen im Ort vergewaltigt hatte, das Fruehstuecksgespraech. Fuer sie kam in einem solchen Fall nur ein Strafmass in Frage: "Jedem Kinderverderber den Kopf ab."

Das sass. Doch aufhoeren konnte er bereits nicht mehr. Die Jagd nach neuen Opfern hatte sich zur Obsession entwickelt, das Gluecksgefuehl in ihrer Naehe war zur Sucht geworden wie die Ziga- rette fuer den starken Raucher.

Er versuchte es trotzdem, wollte das, was ihn so fieberhaft trieb, unterdruecken und ausschalten. Um Kinder, Kinderheime und Schulen machte er monatelang einen grossen Bogen. Und als sich ein gleichaltriges Maedchen in ihn verliebte, dachte er, jetzt endgu- eltig alles unter Kontrolle zu haben. Zur Freude der Mutter verlobte man sich. Sein Leben wurde durchgeplant. Nach Abschluss der Berufsausbildung sollte geheiratet werden. Man schlief miteinan- der. Er fuehlte sich unsicher mit seiner Sexualitaet, vor allem aber vermisste er den Kick, diesen ganz speziellen. Er verschaffte ihn sich, indem er an Knabenkoerper dachte und dabei zwanghaft masturbierte. Er machte sich nichts vor: Sein Versuch, in ein nor- males Leben umzusteigen, war gescheitert.

Zwei Jahre lang hielt er sich noch zurueck. In den Tagtraeumen und Phantasien spielte er Ort, Zeitpunkt und Art des naechsten Miss- brauchs immer wieder durch. Die Rechtfertigung fuer seine Neigung las er sich in psychologischen und pseudopsychologischen Werken zusammen; vor allem bei Freud, Brongersma und Kinsey wurde er in seinem Sinne fuendig. Ihr Fazit ueber Kindersexualitaet, dass schon Babys onanieren, dass fuer zehnjaehrige Jungen zwanzig Orgasmen taeglich nichts Ungewoehnliches seien und sie die frueher sexuellen Erfahrungen nur auf die Realitaeten des modernen Lebens vorbereiten, baute Franz K.'s Hemmschwellen schnell wieder ab. Einen Satz aus den Schriften Gerald Hannons notierte er als persoenliches Leitmotiv in sein Tagebuch: "Die Revolutionaere von morgen liegen in den Armen ihrer paedophilen Freunde von heute." Seine Fotosammlung mit gluecklichen Werbekindern in Unterwaesche, Badehosen und Pampers wurde mit FKK-Heften aufgestockt, die Palette mit zusammengekauften Aktfotos wie "Knaben im Schlamm", "Lausbuben" und "Kleiner Wolf im Wald" laufend verschaerft. Gelegentlich nahm er sich die sauber abgehefteten Zeitungsausschnitte ueber paedophile Triebtaeter vor, um ueber den Koepfen der abgebildeten Opfer genussvoll zu masturbieren.

Zu Sternstunden jedoch hatten sich die Besuche im staedtischen Freibad entwickelt. Stundenlang sah er den Jungen beim Baden zu, half auch mal aus, wenn sie beim Bolzen auf der Liegewiese einen Torwart brauchten, und machte sich in der Duschkabine beim Abtrocknen nuetzlich. Da fiel es auch nicht weiter auf, dass der Kinderfreund genauso nackt herumstand wie sie. Natuerlich wurde die Verlobung geloest. Als Grund schob er den Hang der Freundin zu Frustkaeufen vor, und selbst die Mutter fand seinen Entschluss vernuenftig. Genauso logisch kam ihr seine Bewerbung als Trainer im hiesigen Schwimmverein vor, wollte er doch als Sportfan die wiedergefundene Freiheit sinnvoll nutzen.

Seine Fassade stand. Er war der unauffaellige, gute Junge, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte. Ein gutmuetiger Kinder- narr, der sich von den Kleinen auch mal ausnutzen liess. Und der es in den Augen seiner Arbeitskollegen mehr als faustdick hinter den Ohren hatte, zumindest, was die Weiber betraf.

Franz K. wusste genau, was man hoeren wollte, wie er in der Ge- sellschaft funktionieren musste. Oft genug waren um ihn herum die Bomben eingeschlagen. Sein Ausschnittsarchiv hatte sich laengst ausgezahlt, er kannte jeden Paedotrick, ihm sollten die Fehler der aufgeflogenen Gesinnungsfreunde nicht unterlaufen. Die Rolle des braven Durchschnittsdeutschen sass so perfekt wie ein Massanzug. Die Kleinen fuehlten sich bei ihrem neuen Trainer wohl. Auch die faulsten konnte er zu Spitzenleistungen motivieren. Sein Zimmer im Vereinshaus glich einem Taubenschlag. Sie kamen gern. Er sprach ihre Sprache und vermittelte das Gefuehl, als gleichberechtigter Partner auf ihrer Seite zu sein. Er liess sich Zeit, bloss nichts ueberstuerzen. Vorsichtig baute er zu einem Achtjaehrigen eine Be- ziehung auf. Seine Eltern lebten in Scheidung, zu Hause nichts als Stress. Erfahrungsgemaess ein sicherer Fall.

Dass er ihn bevorzugte, fiel nicht weiter auf. Die Knaben waren viel zu sehr mit den UEberangebot a Comics, Spielzeug und Suessig- keiten im Zimmer ihres Coachs beschaeftigt.

Reichte es Franz K. anfangs noch, seine Zoeglingen nach dem Training beim Umziehen zuzusehen und sich dann zurueckzuziehen, um vor seinen Aktfotos zu masturbieren, ging er bald dazu ueber, den inzwischen Neunjaehrigen nach einem Stufenplan "auf Eignung zu testen". Als er wieder einmal in Franz K.'s Zimmer aus der nassen Badehose in seine Shorts umstieg, legte der ihm beilaeufig ein Softporno vor. Die Reaktion liess ihn hoffen. Der Knabe hatte eine Erektion. Das naechste Mal lag nach dem Schwimmen ein Hardcorema- gazin da. Auch jetzt stellte ihn das, was er sah, zufrieden. Die sexuelle Neugier war geweckt. Das Opfer war reif fuer Stufe drei, fuer die Vorfuehrung seines neuesten 8-mm-Films. Die sexuellen Ak- tivitaeten auf dem Streifen zwischen einem Mann und einem Knaben begleitete Franz K. handgreiflich und mit aufmunternden Kommentar. Nach einem Einverstaendnis hatte er erst gar nicht gefragt.

Anschliessend schrieb er in sein Tagebuch: "Die reine, lebendige Art der Buben wirkt auf mich wie klares Quellwasser. Ich fuehle mich erfrischt und angeregt. Ich stehle ihnen jeden Tag ein Stueckchen ihrer strahlenden Jugend und bleibe somit selber jung. Ist das verachtenswert?" Der codierte Nachtrag mit den Daten der Jungen und Informationen ueber ihre erotischen Vorzuege schloss das erste Kapitel ab. UEber die Jahre sollten es mehr als dreissig werden.

Es hatte sich alles bestens gefuegt. Stets hing ein halbes Dutzend eingeschworener Knaben nach den Trainingsstunden in seinem Vereinsbuero herum. Er hatte sie mit neuen Computerspielen und den gemischten Pornomagzienen aus der Schreibtischschublade eingefangen, die er ueber ein Postfach aus ganz Europa bezog. Nie haette er ihnen Gewalt angetan. Mit ihrer Begeisterungsfaehigkeit, Spontaneitaet und Abenteuerlust vermittelten sie ihm Gefuehle, die er mit Erwachsenen nicht erleben konnte. Seine gelegentlichen sexuellen UEbergriffe nahmen sie stillschweigend hin, zumal er sie dafuer gut bezahlte. Und wenn er eine der wilden Masturbationsaktionen inszenierte, um die Knaben dabei zu fotografieren, dann legte er meist noch eine Praemie obendrauf.

Jedes Schuldgefuehle ging ihm ab. Da seit seiner Internatserfah- rung die paedophile Sexform die einzige natuerliche fuer ihn war, hatte es sich auch nie entwickeln koennen. Seine Grenzen waren dennoch fest abgesteckt. UEberschreitungen kamen fuer ihn nicht in Frage, die Sicherheit ging stets vor. Gern haette er mit Gleichgesinnten seine Filme getauscht oder Fotos aus der Eigenproduktion an sie verkauft, um auch mal wie die anderen zu profitieren. Aber das war ihm zu gefaehrlich. Dem wachsenden Verlangen nach immer juengeren Knaben gab er schon lange nicht mehr nach. Sie waren zu schwer zu kontrollieren. Seinen Bedarf deckte er mit Fotos ab, die er heimlich durch den Spalt der Umkleidekabine schoss. Wenn er sie dann vor sich aufbaute, um die Phantasie an und den Koerper aufzuregen, hatte er stets ein gutes Gewissen: Die Grenzen wurden nicht ueberschritten. Er hatte die Kleinen ja nicht missbraucht.