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Mangold P.

Ich brenne ihm den Trieb weg! Interview zum Thema Stereotaxie

Aus: Angelo Leopardi (ed.), Der pädosexuelle Komplex, Berlin, Frankfurt (Main): Foerster, 1988, S.192-194

Dr. Peter Mangold ist Gehirnchiurg. Er hat seit 1976 sogenannte stereotaktische Eingrife vor allem an "Sexualstraftätern" durchgeführt, um sie von ihrem "Trieb" zu befreien, wie er uns sagt.

Frage:
Herr Dr. Mangold, wie kamen Sie dazu, stereotaktische Eingriffe bei Patienten durchzuführen?
Antwort:
Seit 1976 wurde ich mit der Frage konfrontiert, ob ich einen Sexualstraftäter, der auf unserer Station lag, in dieser Weise behandeln würde. Der Mann selbst hatte darum ersucht, weil ihm sein Trieb keine Ruhe lasse und er sich erhoffte, nach dem Eingriff vorzeitig entlassen zu werden.
Frage:
Was hatte sich der Mann zuschulden kommen lassen?
Antwort:
Er hatte pädophile Kontakte zu einem 13jährigen unterhalten. Ein Wiederholungsfall, der Mann war mehrfach vorbestraft und war auch mehrere Male therapeutisch behandelt worden, ohne daß sich etwas geändert hätte.
Frage:
Der Patient entschloß sich aus freien Stücken zu dem Eingriff?
Antwort:
Nun, sein Anwalt hatte ihm - so glaube ich - zu dem Schritt geraten. Er erhoffte sich, dadurch nicht mehr straffällig zu werden.
Frage:
Können Sie uns als Laien kurz erklären, was bei einem solchen Eingriff geschieht?
Antwort:
Unser Gehirn ist in viele Felder aufgeteilt, und jedes ist für etwas zuständig, etwa für unser Hungergefühl, unser Schmerzempfinden usw. Ein Feld ist nun für den Sexualtrieb zuständig. Ich brenne dem Patienten mit einer erhitzten Sonde den Trieb einfach weg.
Frage:
Sehr eindrucksvoll gesagt, und was geschieht dann?
Antwort:
Der Patient hat seinen Trieb eingebüßt, er wird nicht mehr erregt oder nur noch ganz schwach und begeht seine sexuell motivierten Straftaten nicht mehr. Natürlich gibt es auch das eine und andere Risiko...
Frage:
Berichten Sie uns bitte darüber!
Antwort:
Wir hatten Fälle, in denen der Patient zwar seinen Sexualtrieb verloren hatte, aber dennoch unzufrieden war. Der Mann, von dem wir sprechen, bekam in der folgenden Zeit schreckliche Kopfschmerzen, er drohte sogar mit Selbstmord, wenn wir ihm nicht helfen würden. Da Sexual- und Schmerzzentrum im Gehirn nahe beieinander liegen, nahmen wir an, daß darin ein Zusammenhang zu sehen sei. Medikamentös konnten wir nichts ausrichten, jedenfalls nicht auf Dauer.
Frage:
Heißt das, daß der Patient heute noch immer dieselben Schmerzen leidet?
Antwort:
Sie ließen nach einiger Zeit von selbst etwas nach, aber der Patient muß noch heute Schmerzmittel nehmen und klagt über Schlafstörungen, die jedoch mit dem Medikament zu tun haben, also keine Folge der Operation sind. Die Operation ist gelungen, die Schmerzen waren selbstverständlich nicht beabsichtigt bzw. eingeplant.
Frage:
Kommt es häufig vor, daß Patienten selbst solche Operation fordern, und wie zufrieden sind sie in der Regel nach dem Eingriff?
Antwort:
Zunächst ist festzustellen, daß der chiurgische Eingriff ohne Einverständnis des Patienten gar nicht stattfinden kann und darf. Das ist für uns eine Operation wie jede andere. Inwieweit ein Mann vonseiten Dritter dazu veranlaßt wird, sich der Operation zu unterziehen, kann ich nicht sagen. Meist steht ein zur Operation Entschlossener jedoch unter dem Einfluß seines Anwalts, der Verwandten usw. Zum zweiten Teil Ihrer Frage ist zu sagen, daß sehr häufig Komplikationen auftraten. Kopfschmerzen, Lähmungsersceinungen, Schwindelgefühl, Mattigkeit sind häufig zu beobachten.
Frage:
Können Sie denn dann einen solchen Eingriff mit ruhigem Gewissen vornehmen?
Antwort:
Das ist in erster Linie keine Gewissensfrage! Der Patient wünscht, von seinem Trieb befreit zu werden, um z.B. früher aus dem Gefängnis oder der Anstalt zu kommen. Er will seinen Trieb los sein, so sehe ich das.
Frage:
Uns liegen Berichte vor, nach denen Sexualstraftäter massiv unter Druck gesetzt werden, um eine solche Operation durchführen zu können. Ihnen wurde gesagt: Entweder Du kommst unters Messer, oder Du bleibst Dein Lebtag hier!
Antwort:
Kann sein, daß es solche Fälle gibt. Das will ich nicht abstreiten. Aber wer die Alternative hat: Mit Sexualtrieb lebenslang im Bau oder ohne Sexualtrieb draußen in Freiheit, dem wird die Entscheidung nicht schwer fallen, nehme ich an.
Frage:
Das klingt sehr zynisch, Herr Doktor! Was empfinden Sie, wenn Sie einen stereotaktischen Eingriff vornehmen?
Antwort:
Was soll diese Frage? Der Patient wird mir vorgeführt, er erklärt sich bereit, die Operation vornehmen zu lassen, ich nehme sie vor, und fertig! Natürlich wird eine gewisse Nahcsorge getroffen, es wird beobachtet, wie der Patient nach der Operation gesundheitlich beieinander ist usw. Aber als Arzt habe ich die Pflicht, keinen Kunstfehler zuzulassen, weiter nichts.
Frage:
Wie stehen sie selbst zu dem Problem Pädophilie?
Antwort:
Die Triebtäter, die ich operiert habe, waren nicht alles Pädophile. Die meisten waren es jedoch. Es waren Sexualtäter darunter, die ihre Opfer brutal mißhandelt haben. Die Pädophilen waren - soweit ich das mitbekommen habe - nicht gewaltsam vorgegangen, aber sie hatten mehrfach das Gesetz gebrochen und wollten ihren Trieb los sein. Das ist doch verständlich. Triebtäter ist Triebtäter, denke ich.
Frage:
Wann werden Sie wieder operieren?
Antwort:
Wenn Sie die besprochene Operation meinen, so wird die nächste in zwei Wochen stattfinden. Ein Mann, der siebenmal vorbestraft ist wegen Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen zwischen 11 und 17. Er hat die Operation klar selbst gefordert. Das will ich betonen.
Unseren Dank für Ihre Bereitschaft, Stellung zu nehmen!