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Vogel

Knabenporno mit Polizeimusik: Der Fall Daniel H.

in: Bernard (ed.) Pädophilie ohne Grenzen, Foerster, S. 291-305 (1997)

Peter Aschwander ist ein Schweizer Regisseur. Er hat einen Fernsehfilm gedreht über einen Menschen am Rand der Gesellschaft - den Pädophilen Daniel Hartmann, der im Jahre 1990 festgenommen und nach einem Strafprozeß zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde. Hartmann hatte von Jungen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren verschiedene Videoaufnahmen angefertigt, in denen unter anderem nackt herumtollende Knaben, aber auch sexuelle Handlungen der Buben untereinander zu sehen sind. Die Polizei stellte während der Hausdurchsuchung bei Hartmann alle auffindbaren Videobänder sicher. Das Material zeigte offensichtlich in der Hauptsache "lediglich" die Jungen beim Skateboard-Fahren, Computerspielen, oder ähnlichem. Aus dem gesamten Material wurde dann von der Stadtpolizei Zürich alle sexualbezogenen Szenen herausgeschnitten und zu einem neuen Videoband zusammengefügt, das somit ausschließlich sexuelle Handlungen zeigte. Dieses "Demo"-Band wurde schließlich von der Polizei mit eigens ausgewählter Musik "verschönert". Dies bestätigte Peter Aschwander in einem Fernseh-Interview. Der pädophile Erwachsene Daniel Hartmann, der die ursprünglichen Videofilme gedreht hat, war an den sexuellen Handlungen nicht beteiligt - ebensowenig wie andere Erwachsene.

Für seinen Fernsehfilm konnte Aschwander sowohl den verurteilten Daniel Hartmann, der auf volle Namensnennung bestand, als auch zwei der von Hartmann gefilmten Jungen, einschließlich jeweils eines Elternteils, als interviewpartner gewinnen. []

Die Interviewpartner sind - neben Daniel Hartmann - die etwa 14 Jahre alten Jungen Roman und Roni, sowie Romans Mutter und Ronis Vater. Roman und seine Mutter stellten sich auch, übrigens mit voller Namensnennung, einer Diskussion im Schweizer Fernsehen zur Verfügung, die im Anschluß an Aschwanders Film "Der Fall Daniel H." angesetzt worden war. Der Film, ebenfalls mit anschließender Diskussion, wurde 1992 auch von dem deutschen Fernsehsender 3-sat ausgestrahlt. []

Roni: Es gab Kinder, die nur wegen des Geldes zu ihm gingen. Doch es gab auch welche, die ihn als Kollege betrachteten.

Roman: Ich glaube, daß die meisten wegen des Geldes zu ihm gingen. Sie dachten, wenn sie von ihm Geld bekommen, sollten sie hingehen.

Roni: Es herrschte eine lockere Stimmung. Daniel Hartmann vergewisserte sich immer, ob man die Aufnahmen wirklich machen wollte. Wir wurden nicht bedrängt und mußten uns beim Ausziehen nicht beeilen.

Roni: Daniel wollte, daß ich mehr mache. Ich lehnte ab. Er respektierte mich. Er berührte mich nie.

Roman: Die Polizisten behandelten uns wie Dreck. Als ob wir Huren wären. Die Polizisten sagten, daß wir genau gewußt hätten, was wir taten. Sie hatten eine schlechte Meinung von Daniel - und auch von uns.

Roni: Sie behandelten uns wie Verbrecher und konfrontierten uns mit Tatsachen. Sie wollten die Namen der anderen wissen und fragten uns intime Dinge.

Vater: Was ich im Protokoll las, fand ich nicht so schlimm. Doch der Polizist war der Ansicht, daß Roni etwas verheimlichte. Ich war nicht der Meinung, daß Roni jemanden deckte. Der Polizist wollte noch mehr aus meinem Sohn herauspressen. Ich mußte dann wieder hinaus.

Roman: Die Kinder waren wohl deshalb böse auf Daniel Hartmann, weil sie zur Polizei gehen mußten. Sie bekamen Probleme zuhause und wurden bei der Polizei registriert. Einige waren dort schon bekannt. So bekamen sie eine Wut auf Daniel. Vielleicht wollten sie auch nicht wahrhaben, daß sie sich mit einem solchen Mann eingelassen hatten. Ihre eigenen Taten verdrängten sie.

Vater: Roni erzählte mir, daß Hartmann einmal von zweien verprügelt wurde. Er wehrte sich nicht dagegen. Ich habe den Eindruck, dieser Mann kann kein Kind strafen.

Mutter: Roman war aufgewühlt von der Sache mit Herrn Hartmann. Er hatte Mühe, das Ganze zu verarbeiten. Ich merkte, daß er sich gegenüber Hartmann aggressiv zeigte. Obwohl er oft bei ihm gewesen ist.

Mutter: Auf einmal sagte Roman, die Kinder seien sehr gemein zu Hartmann. Von da an, glaube ich, konnte er die Sache verarbeiten.

Vater: Als mein Sohn von der Gerichtsverhandlung heimkam, war er entsetzt über das Geschehen im Gerichtssaal. Man zog über den Angeklagten her und behauptete unwahre Sachen.

Vater: Roni war so entsetzt, daß er mit Kollegen Unterschriften sammelte.

Roni: Von der Unterschriften-Sammlung erwarteten wir keinen Freispruch, sondern daß das Gericht erkennt: er ist kein Kinderschänder. Wir wurden nicht gezwungen, sondern gingen freiwillig zu ihm.

Aschwander: Ich möchte zu den anderen sagen - es sind nur zwei gewesen -, daß wir viele Knaben gehabt haben, die bereit gewesen wären, auch öffentlich zu sprechen, aber die es nicht gemacht haben, weil sie Angst vor den Eltern hatten. Sie sagten: 'Wenn das meine Mutter weiß, daß ich da spreche - das will ich nicht, also mach ich's nicht." Wir hatten Jugendliche, die hatten Angst vor anderen Jugendlichen - 'Also wenn die wissen, daß ich hier spreche ... also, wir haben abgemacht, wir wollen nicht sprechen, aber ich möchte eigentlich...'. Das war die Situation. Deshalb waren es letztlich nur zwei, die auch keine Angst vor der Reaktion ihrer Eltern hatten.

Aschwander: [bat, ein paar Zitate vorlesen zu dürfen] Dann steht im Protokoll: 'Das Kind beginnt zu weinen.' Es sagt nichts mehr. Ende der Einvernahme: 15.30 Uhr. 16.00 Uhr: Fortsetzung der Einvernahme. Frage des Polizisten: 'Bist du jetzt bereit, die Wahrheit zu sagen?' - 'Ja, ich bin bereit.'

Moderator (zu Roman): Wie kamst du dir vor?

Roman: Das finde ich auch - daß die Polizei kein Recht haben soll, einen zu zwingen, eine Aussage zu machen.