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Dorian

Berger 1988, zitiert in Mönkemeyer 1993, S.91

"Während der Freispielzeit konnte ich beobachten, daß Dorian (3 Jahre / 6 Monate) gern Doktor spielen wollte. Mit dem Arztkoffer in der Hand ging er von Kind zu Kind und fragte, ob es mit ihm spielen wolle", erzählte eine Erzieherin. Und weiter: "Alle Kinder lehnten ab, nur Magdalena (3 Jahre / 2 Monate) stimmte freundlich zu. Die beiden Kinder begaben sich in die Puppenecke, versorgten und pflegten liebevoll ihre Puppen- und Bärenkinder mit Tee und 'Tabletten'. Ich hörte den Jungen sagen: 'Magdalena, jetzt bist du krank, unsere Kinder haben dich angesteckt. Du mußt aber in ein anderes Zimmer. Komm, wir gehen in den Nebenraum.' Nach einer gewissen Zeit fühlte ich mich verpflichtet, nach den beiden zu sehen. Als ich in das Zimmer eintrat, lag das Mädchen nackt auf der Couch, der Junge saß auf ihrem Rücken, mit erigiertem Penis, und hielt das Spielfieberthermometer in des Mädchens Po. Die Kinder bemerkten mich nicht sofort. Ich selbst muß gestehen, daß ich zunächst recht hilflos in der Tür stehenblieb. Ich spürte, wie es mir in dieser Situation nicht nur an pädagogischen Einfühlungsreichtum mangelte, sondern auch an einer gehörigen Portion Unbefangenheit. Als Dorian mich erblickte, sprang er sofort hoch, hielt sich die Hände vor das Gesicht und versteckte sich hinter der Couch. Magdalena hingegen blieb seelenruhig liegen. Sie lächelte mich an und sagte zu mir: 'Weißt, ich bin sehr krank. Da muß mir mein Mann Fieber messen.' Und sogleich schrie sie nach ihrem Mann, daß er nun endlich kommen möge, um Fieber zu messen. Dorian traute sich jedoch nicht aus seinem Versteck heraus.."